Should we praise Trump’s hairstyle now?

Schade nur, dass Klamroth seine Gäste so ausgewählt hatte, als sei er vom Thema überrascht worden oder hätte mit „Allroundern“ für alle möglichen Wendungen vorsorgen müssen: Zu den Talkshow-Dauergästen Karl Lauterbach und Markus Feldenkirchen („Der Spiegel“) gesellten sich die politisch engagierte Unternehmerin Sarna Röser, die ebenso meinungsstarke Schriftstellerin Juli Zeh und Rüdiger Lucassen von der AfD.

Die spezifischste Amerika-Kompetenz brachte da noch der „Creative Director“ Thomas Hayo mit, der immerhin in den USA lebt, aber eigentlich nur berichten konnte, dass die Trump-Wahl für seine New Yorker Freunde ein „Riesenschock“ gewesen sei. Eine Stimme der internationalen Politik wie jene des ehemaligen Spitzendiplomaten Wolfgang Ischingers, der sowohl von Illner als auch von Miosga eingeladen worden war, suchte man hingegen vergeblich.

Hält Lauterbach Trump für geisteskrank?

Aber gut, es sollte ja auch um die Folgen von Trumps Amtsantritt für Deutschland gehen. Alle waren sich einig, dass man pragmatisch mit der neuen Regierung umgehen müsse. Was das genau heiße, darüber gingen die Meinungen naturgemäß auseinander. Feldenkirchen meinte, Trumps Eitelkeit als seinen schwachen Punkt ausgemacht zu haben: Schmeicheln funktioniere bei ihm „unglaublich gut“, eine einzige positive Bemerkung des Bundeskanzlers über Trumps Frisur könne Deutschland deswegen mehr nützen als alle Analysen der Auswärtigen Amts. Ein durchaus bedenkenswerter Vorschlag aus der alten Trickkiste der Diplomatie.

Lauterbach jedoch ging er zu weit: Er wolle sich nicht zum Affen machen und nichts sagen, was er nicht wirklich meine, schließlich werde das amerikanische Volk schon genug belogen. Interessanterweise zählte er zu den Dingen, die er deshalb nicht loben könne, auch Trumps „psychische Gesundheit“. Wollte er damit etwa insinuieren, dass er den US-Präsidenten für geisteskrank hält? Damit wäre in der Tat eine neue Stufe des offiziösen deutschen Trump-Bashings erreicht. Andererseits: Auch im Alten Rom wurden unliebsame Kaiser von den Senatoren gerne für wahnsinnig erklärt, und betrachtet man, wen Trump so alles in seine Regierungsmannschaft geholt hat, kommt einem ein Pferd schon fast als ein geeigneter Kandidat fürs Konsulat vor.

Nur durfte man dem Kaiser am besten nicht sagen, was man von ihm hielt, wenn man als Senator am eigenen Überleben interessiert war. Deutsche Politiker müssen sich in dieser Hinsicht derzeit in einem schwierigen Spagat üben: Einerseits kommt Trump-Kritik beim Wahlvolk überwiegend gut an, andererseits schwächt sie die deutsche Position künftigen Verhandlungen mit der neuen amerikanischen Regierung. Auch die künftige deutsche Außenpolitik wird sich wieder zwischen den Polen der Werte und der Interessen positionieren müssen. Ein vertrauliches Lob von Trumps Frisur scheint da ein geringes Übel zu sein – warum nicht gleich noch seine Sonnenbank-Bräune miteinbeziehen?

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Juli Zeh beschwert sich

Über Elon Musk wurde selbstverständlich ebenfalls gesprochen. Zwar widersprachen sich die Gäste wortreich während zehn langer Minuten, doch eigentlich waren sich alle einig, dass man Musk seine Meinung nicht verbieten wolle, seine Intervention aber auch nicht für hilfreich halte. Nur Lucassen freute sich selbstverständlich über die Unterstützung für seine Partei. Als es gerade spannend wurde bei der Frage, ob Kritik an Musks „Einmischung“ angesichts vergangener Wahlempfehlungen deutscher Politiker im Ausland ein Ausdruck von Doppelmoral sei, wechselte Klamroth mal wieder das Thema.

Für ein kleine Portion der abermals viel beschworenen „Disruption“ sorgte immerhin Juli Zeh, die sich nach einiger Zeit beschwerte, dass seit fünfzehn Minuten keine Frau mehr zu Wort gekommen sei. Das stimmte, lag aber auch am leidigen Format der Talkshow, bei dem wegen der vielen Gäste schon die Eingangsstatements zehn Minuten in Anspruch nehmen und jeder einzelne entsprechend selten an der Reihe ist.

Ansonsten war gerade in dieser eher durchschnittlichen Runde zu erkennen, was Trump für die Deutschen derzeit bedeutet – nämlich vor allem eine Projektionsfläche für ihre eigenen Ängste und Wünsche. Während Rechtspopulisten seit seiner Wahl den Zug der Zeit endgültig auf ihrer Seite sehen (Lucassen), beschwören Politiker der Mitte „jetzt erst recht“ die Abwehrkräfte der deutschen Demokratie (Lauterbach). Während Intellektuelle nach einer demokratischen „Gegenerzählung“ suchen (Zeh), nutzen Unternehmer das Schreckgespenst Trump für ihre Forderungen nach marktliberalen Reformen (Röser).

All dies ist verständlich und wäre es sogar, wenn nicht in einem Monat Bundestagswahlen stattfänden. Im deutschen Interesse möchte man dennoch hoffen, dass die Bundesregierung gleichzeitig an einer kohärenten Trump-Strategie arbeitet – ob mit oder ohne Lob seines Äußeren.

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