Er stieg in einen Leihwagen, raste damit in eine Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Mindestens zwei Menschen, ein Erwachsener und ein Kleinkind, starben. Polizisten stoppten ihn, nahmen ihn fest. Jetzt sitzt er in Gewahrsam.
Wer ist dieser Mann: ein Extremist, ein psychisch Kranker? Was trieb ihn zu seiner Todesfahrt? BILD dokumentiert, was über den Todesfahrer von Magdeburg bisher bekannt ist.
Nach BILD-Informationen heißt er Taleb A. Er wurde 1974 in Saudi-Arabien geboren, ist also 50 Jahre alt. In Deutschland ist er seit 2006, lebt hier mit einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung. Denn er hat Arbeit: als Arzt. Taleb A. arbeitet in Bernburg (Saale), im dortigen Klinikum, als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Vom Klinikum aus sind es rund 46 Kilometer nach Magdeburg zum Weihnachtsmarkt. Die Kleinstadt Bernburg mit rund 32.000 Einwohnern ist der Wohnort von Taleb A.
Seine Wohnung in einem Bernburger Altbau wurde kurz nach der Todesfahrt über den Weihnachtsmarkt am Freitagabend zunächst von der Polizei bewacht. Gegen 3.45 Uhr dann drangen Spezialeinsatzkräfte in Wohnung und Kellerräume des Hauses ein. Von dort aus sind es etwa zwölf Minuten Fußweg zum Bernburger Klinikum, in dem Taleb A. angestellt ist.
Wie die „Welt“ (gehört wie BILD zum Axel Springer Verlag) berichtet, soll er dort bislang im Maßregelvollzug gearbeitet haben. Dieser sei eine Einrichtung des Landes Sachsen-Anhalt zur Besserung und Sicherung von suchtkranken Straftätern.
Wie BILD erfuhr, soll Taleb A. nicht als Islamist bekannt oder auffällig gewesen sein. In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ kritisierte er sogar den Islam 2019. „Ich bin der aggressivste Kritiker des Islams in der Geschichte“, sagte er dort. Er habe sich vom Islam abgewandt. Taleb A.: „Deswegen wurde ich bedroht: Man wollte mich ‚schlachten‘, wenn ich nach Saudi-Arabien zurückkehren würde. Also habe ich mich dazu entschieden, Asyl in Deutschland zu beantragen. Es hätte keinen Sinn ergeben, sich dem Risiko auszusetzen, doch zurückkehren zu müssen und dann getötet zu werden.“ A. will zudem eine Internet-Plattform gegründet haben, die saudi-arabischen Frauen dabei hilft, Asyl in Deutschland zu beantragen.
▶︎ Auch auf einem Profil bei X, das offenbar von ihm betrieben wird, zeigt er sich als Islam-Kritiker. Und verbreitet gleichzeitig immer wieder krude Theorien über Deutschland.
„Deutschland jagt saudische Asylbewerberinnen innerhalb und außerhalb Deutschlands, um ihr Leben zu zerstören“ und „Deutschland will Europa islamisieren“ heißt es etwa in seiner mutmaßlichen Profilbeschreibung. Eines seiner Profilbilder zeigt ein Maschinengewehr mit der Aufschrift „USA“.
A. teilte zudem Inhalte, in denen die AfD und ihre Einstellung zum Islam gelobt werden. Außerdem ein verfremdetes Foto von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ein Schild mit der englischen Aufschrift „I destroyed Europe“ („Ich habe Europa zerstört“) in den Händen hält.
In einem Video, das dort erst Minuten nach der Todesfahrt gepostet wurde, stellt sich ein Mann zudem als Taleb A., Arzt und Psychiater, der in Deutschland arbeite, vor. In einer wirren Rede spricht er u.a. davon, Islam-Kritiker würden in Deutschland „aktiv und kriminell“ verfolgt.
Auch in einem vor wenigen Tagen auf einem islamfeindlichen US-Blog erschienenen Videointerview breite A. krude Thesen aus, berichtet der „Spiegel“. Der deutsche Staat, so A., betreibe eine „verdeckte Geheimoperation“, um weltweit saudische Ex-Muslime „zu jagen und ihr Leben zu zerstören“, soll es dort heißen. Gleichzeitig erhielten syrische Dschihadisten in Deutschland Asyl.
Taleb A. befand sich am Freitagabend in Gewahrsam. Bereits am Abend hatten Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (70, CDU) und die Behörden von einem Anschlag gesprochen. Derzeit sind die Hintergründe der Todesfahrt unklar, die Ermittlungen dauern an.