Stuttgart – Diese Oper ist der nackte Wahnsinn.
Aufregung um die Aufführung von „Sancta“ im Opernhaus der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Mittendrin: Schauspielerin Annina Machaz (39), die Jesus spielt – und in einer zweiten Rolle als „Adam“ nackt von der Decke baumelt.
Am Eröffnungswochenende schockten Choreografin Florentina Holzinger (38) und die 22 Darstellerinnen das Publikum mit sexueller Gewalt und schmerzhaften Stunts: Schauspielerinnen steckte ein Haken im Fleisch, um sie daran aufzuhängen.
18 Besucher mussten nach der Vorstellung von Sanitätern versorgt werden, die meisten wegen Übelkeit. Bei drei Zuschauern war der Zustand so besorgniserregend, dass sogar der Notarzt gerufen werden musste.
Das Ensemble umfasst 23 ausschließlich weibliche Schauspieler und Performer. Annina Machaz baumelt dabei als „Adam“ nackt von der Decke, lässt sich von Eva einen Apfel reichen. Und spielt Auch Jesus, der als obdachloser Kiffer Autogramme verteilt.
Die 23 Darstellerinnen sind bestenfalls spärlich bekleidet
Foto: Matthias Baus/Staatsoper Stuttgart
Das ist Annina Machaz
Die 39-Jährige ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen, studierte Schauspiel in Bern. Mit Theatermacherin Holzinger tourt sie schon länger über die Bühnen Mitteleuropas, führte „Sancta“ in Schwerin und Wien auf. Ihr Antrieb? „Mich reizt am Theater die Möglichkeit zur Verwandlung“, sagte sie dem Schweizer „Tagesanzeiger“.
Gerade in einer Zeit der Kriege und Krisen sei es ihre Aufgabe, den Menschen etwas Hoffnung zu geben, erläutert Machaz. Die Zuschauer würden für zwei Stunden „in eine andere Welt entführt“. Auch ihr selbst gehe es nach einem Auftritt besser.
Bei Choreografin Holzinger muss die Schweizerin nackt spielen. Machaz sieht darin „eine Art Kostüm“, sagte sie der Zeitung. „Ich bin so erzogen worden, dass Frauen alles tun können. Ich habe mich auch nie benachteiligt gefühlt.“ Zu stark sei das Vorbild ihrer Mutter, einer Geschäftsfrau.
Zwei Frauen küssen sich, eine Nonne beobachtet es aus der Entfernung
Foto: Matthias Baus/Staatsoper Stuttgart
Alle Tickets vergriffen
Die Berichte über kollabierte Opernbesucher haben jedenfalls keine abschreckende Wirkung – im Gegenteil: Schätzungen zufolge klickten am Mittwochabend 100.000 Menschen die Homepage des Stuttgarter Opernhauses an, aber nur 20.000 kamen durch.
Fünfmal wird „Sancta“ in Stuttgart noch aufgeführt, die restlichen 7.000 Karten sind so gut wie weg. Johannes Lachermeier, Direktor Kommunikation der Staatsoper: „Plötzlich haben Leute eine Karte gekauft, die vielleicht noch nie in einer Oper waren – darunter auch besonders viele junge Menschen.“
Immer wieder werden christliche Rituale lächerlich gemacht
Foto: Matthias Baus/Staatsoper Stuttgart
Das Stück dauert 2 Stunden und 45 Minuten – ohne Pause. Auf das Publikum prasseln Stroboskop-Effekte und hohe Lautstärken ein. Die Staatsoper hat im Internet Warnhinweise veröffentlicht: Zu sehen seien Sex, Gewalt, echtes Blut und Verwundungen.
Über das Stück heißt es: „Einen solchen Abend gab es im Stuttgarter Opernhaus noch nie – radikal und sinnlich, poetisch und wild. Empfohlen allen Zuschauern, die wagemutig auf der Suche nach neuen Theatererfahrungen sind.“
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